Simulieren geht über Probieren – aber nicht ohne Studieren!

Erschienen im Blickwechsel, Betriebswissenschaft und Innovation, BWI ETH Zürich, v/d/f Management Verlag
Veronika Hrdliczka und Peter Acél

1. Wozu Simulation?

Simulation ist seit langer Zeit ein Thema, dem immer wieder der grosse Durchbruch vorausgesagt wurde. Es gab anerkannte Studien, die für die Mitte der 90er-Jahre kaum einen Bereich unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens ohne Simulationsaktivitäten gesehen haben. Für die Simulation von chemischen Prozessen, von Störungsfällen in einem Kraftwerk, für die Wettervorhersage, die Ausbildung von Piloten – um nur einige Simulationsanwendungen aufzuzählen – trifft das auch zu. Prof. Dr. R. Hütter, em. Vizepräsident Forschung der ETH Zürich, weist der Computersimulation eine zentrale und integrierende Schlüsselfunktion für Forschung und Entwicklung zu (HÜTTER 1994).

Doch auf dem Gebiet Produktion und Logistik übt die Industrie – vor allem in der Schweiz – immer noch eine gewisse Zurückhaltung bei der Durchführung von Projekten mit Anwendung von Simulation.
In Deutschland betrug der Marktzuwachs seit 1991 pro Jahr durchschnittlich bis zu 20% – 1991 lag das Marktvolumen bei 100 Mio. DM, 1996 könnte nach P. Gangl (VDI 1996) die 200-Mio.-DM-Grenze überschritten worden sein. In ganz andern Grössenordnungen sieht Prof. Dr. Axel Kuhn, Leiter des Fraunhofer-Institutes für Materialfluss und Logistik in Dortmund, das erreichbare Geschäftsvolumen. Er sieht in Deutschland ein Marktvolumen von 3 Mrd. DM für die Simulation (VDI 1996). Denn die geforderte Flexibilität der Unternehmen für die in immer kürzeren Zyklen notwendige Neugestaltung oder Anpassung von Produktionsstrukturen kann nur mit Hilfe von Simulation am Bildschirm kostengünstig geprobt werden. Die Strukturen werden immer komplexer, die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Faktoren erzeugt oft eine Dynamik, die der Mensch ohne instrumentale Unterstützung nicht mehr beherrschen kann. Die Simulation hilft dynamische und komplexe Prozesse zu verstehen und zu bewältigen. Am Bildschirm können z.B. Rationalisierungspotenziale sowie Fehlinvestitionen erkannt werden, und natürlich auch Störungsfälle – möglichst vor dem Schadensfall – simuliert und Reaktionen darauf studiert werden.

Der Einsatz der Simulation in der Produktion für Planung, Steuerung und Bewertung von Alternativen bringt eindeutig Vorteile, aber nur dann, wenn er richtig und effizient durchgeführt wird.

2. Diskrete, ereignisorientierte Simulation in der Ausbildung
Woher rührt die Diskrepanz in der Meinung der Experten zu der Realität in der Industrie?

Warum hat sich die Simulation im Umfeld von Produktion und Logistik, speziell in der Materialflussplanung, der Betriebsorganisation, dem Informationsfluss etc., noch nicht durchgesetzt?

Der Einsatz der Simulation auf diesem Gebiet krankt vor allem am Wissen um die Abgrenzung des Einsatzgebietes, des Einsatzzeitpunktes im Projektablauf und um die Art des Einsatzes. Alles Dinge, die seit Jahren bekannt sind und über die laufend berichtet wird. Aber das Interesse und die Ausbildung der Anwender hinken hinterher. Die oft enthusiastisch begonnenen Projekte mit Simulation leiden häufig an Informations- bzw. Verständigungs-schwierigkeiten zwischen Auftraggeber und Simulationsexperten. Daraus resultiert eine Nichteinhaltung der Projekttermine – der Zeitaufwand zum Bereinigen der Missverständnisse wurde unterschätzt – und der Simulationseinsatz endet dadurch zum Schaden aller Beteiligten – und der Simulation – oftmals unbefriedigend.

Weitere Gründe für die schlechte Akzeptanz der Simulation in der Industrie sind der oft unnötige Einsatz der Simulation – eine einfachere und billigere Methode hätte auch das gewünschte Ergebnis geliefert – oder der Einsatz eines ungeeigneten Systems für das spezifische Problem. Eine gute Ausbildung kann diesen Problemen entgegenwirken.
Der ganze Artikel ist unter folgendem Link verfügbar: http://www.acel.ch/PDF/PUB_02_Systems-Engineering.pdf